„Ist wohl gestern spät bei dir geworden – ich nahm an, du kommst nicht mehr!“
Marose stellte die große Kaffeekanne auf den Tisch. Mit versteckt vorwurfsvollem Blick sah sie Christian an. Was sie meinte, sollte niemand mitbekommen, denn heute, am Sonntagmorgen, saß die gesamte Mannschaft der Großschönauer Niedermühle beim Frühstück zusammen: Müller Fabian und dessen Frau, der Müllerbursche (im Ort nur ‚Der Mühlsche‘ genannt) sowie die Magd Marie Rosine (Marose) Wagner. Ihr Bräutigam Christian Friedrich Helle durfte dabei sein. Er stammte, wie seine Braut, aus dem benachbarten Bertsdorf und alle hier kannten ihn. Weil jeder wusste, dass er die Marose bald heiraten wollte, gehörte er quasi mit dazu. Gestern war er, wie so oft nach vollbrachter Arbeit, über den Berg hierher nach Großschönau gelaufen, um bei seiner Liebsten zu sein. Da Sonnabend war und der Nachmittag frei, kehrte er aber noch schnell beim Fleischer Härtig auf einen Branntwein ein. Doch wie es nun mal war, steckte der Teufel im Detail – in diesem Fall im Alkohol und Kartenspiel. Aus dem ‚Schnell‘ wurde ein ‚Lang‘, erst kurz vor Mitternacht kam er bei der Mühle an. Er polterte die Treppe hoch in Maroses Mägdekammer und fiel beduselt neben ihr ins Bett.
Nach der eben von Marose gemachten Anspielung nahm er mit gesenkten Augen ein Stück Kuchen vom Blech. Der Vorfall war ihm peinlich, er wollte über Gestern keine großen Worte verlieren. Stattdessen kreisten seine Gedanken nur um die eine für ihn entscheidende Frage:
„Gehörten die Hand auf meinem Gesicht sowie das Nachtgespenst zu einem Traum, war es der Branntwein oder handelte es sich tatsächlich um einen Nebenbuhler, von dem ich keine Ahnung habe?“ …
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